8 Januar

Schon Aristoteles befand: “Arbeit und Tugend schließen einander aus”. Doch so schön es auch gewesen ist, sich mit dem gerade erst neu erstandenen Schatz der Weltliteratur in ferne Welten zu verlieren - wirklich satt wird man nicht davon. Und so bestand mein heutiger Tag aus einer langen Aneinanderreihung von mehr oder weniger erfreulichen Todos, wie dem notwendigen Stopp im Supermarkt und dem damit verbunden, und nicht weniger wichtigen Tagesordnungspunkt: Rechnungen schreiben. 

Gesagt, getan. Und hätte ich mich an diese Reihenfolge gehalten, wäre mein Tag sicherlich auch genau so verlaufen. Stattdessen kam natürlich alles ganz anders. Den kaum hatte ich den Gedanken gefasst, klingelte es auch schon an meiner Tür und die Sternsinger in Gestallt dreier stattlichen Könige im besten Alter forderten ihren Tribut. Ob sie mir sagen könnten wohin ihre Reise nun führen würde, wollte ich wissen - jetzt da das Jesus Kind geboren und Myrrhe, Weihrauch und Gold seinem rechtmäßigem Besitzer zu teil geworden sind? — Man sollte meinen, dass die weltweit größte Kinder-Solidaritätsaktion sich in diesen Sachen auskennen würde. Aber: Fehlanzeige. Und so blieb mir nichts weiter, als wie jedes Jahr den Segen entgegen zu nehmen und mich monetär erkenntlich zu zeigen.


Der Karawane nachsehend bemerkte ich plötzlich noch etwas anderes. Ein kleines Kästchen, welches vor meiner Tür stand. Es sah nicht aus wie die sonst so liebevoll vor die Tür geworfenen Hermes oder DHL Päckchen. Nein. Es musste von jmd. graziös und völlig unbemerkt platziert worden sein. Mein Herz schlug schneller, doch es dauerte nicht lange, dann hatte mein Kopf bereits wieder die Kontrolle erlangt und schnell wie Sherlock Holmes kombiniert, dass es unmöglich von meiner Bekanntschaft von vor zwei Tagen herrühren kann - schließlich hatten wir nicht mal Nummern ausgetauscht, sondern im Eifer des Gefechts lediglich unsere Email-Adressen notiert. Und das Emails neuerdings frei Haus geliefert werden, wäre mir neu gewesen. -- Schade eigentlich, denn auf Antwort auf meine Email warte ich seit gestern vergeblich.


Noch bevor ich die Karte, die in dem Kästchen steckte, lesen konnte, wurde ich dann aber auch schon von meinem Nachbar überrascht und - ganz seiner Natur - in ein Gespräch verwickelt, aus welchem ich mich erst wieder befreien konnte, als ich in nicht gespielter Panik erkannte, dass ich schon viel zu spät für meinen heutigen Termin war. Hastig zog ich mich an und rannte Richtung Schnellbahn.


Bis ich wieder zuhause ankam, war es Abend geworden. Benedikt, der Besitzer des Späti um die Ecke, grüßt mich inzwischen schon beim Vornamen. Naja, dafür legt er mir auch gerne mal einen 5€ aus, wenn ich mal wieder knapp bei Kasse bin. So wie heute... aber morgen, morgen schreiben ich diese Rechnungen! 


Und jetzt, jetzt mache ich mir erstmal einen Tee und widme mich der liebevoll geschriebenen Karte, welche noch immer auf der Heizung neben meiner Tür liegt.

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